Latest Posts

Anrudern 2016

Wasser ist ja eigentlich ihr Element. Aber als am Samstagnachmittag pünktlich zum Anrudern die Sonne rauskam, waren die Mitglieder des Ruderclubs Roßlebens auch nicht böse. Rund um die Bootshalle an der Unstrut erwacht schon die Natur. Die Bäume blühen, das frische Grün wächst. Höchste Zeit also, auch die Boote aus der Halle zu holen und die ersten Ruderschläge auf der Unstrut zu tun.
Mit vereinten Kräften wurde der lange, schlanke Vierer, der den Namen „Jena“ am Heck trägt, als Erstes zur Anlegestelle getragen und vorsichtig zu Wasser gelassen. Die Sitze aus glatt poliertem Holz waren schnell eingebaut und die Ruder in die Halterungen gesteckt. Dann stiegen Matthias Mundin, Lukas Klebs, Tom Hesse und Ulf Schütz-Heinrich ins Boot, und Kersten und Arved Heinrich übernahmen den Platz der Steuerleute. Abgelegt – und sofort trieb die starke Strömung das Boot in Richtung Unstrutbrücke. Auf dem Rückweg musste der Vierer sich dann ordentlich ins Zeug legen, um gegen Wind und Fluss anzukommen.
„Rudern ist so ein wunderbarer Sport“, schwärmte Daniel Rabenhold, der im vergangenen Jahr den Vereinsvorsitz übernommen hat. Im Gleichschlag der Ruder auf dem Fluss unterwegs zu sein, unter sich das rauschende Wasser und um sich herum die wunderbare Landschaft des Unstruttals – das ist genau der richtige Ausgleich zum stressigen Arbeitsalltag.
Rabenhold ist erst vor zweieinhalb Jahren zum Rudern gekommen – über seinen Sohn Tim, der schon im Club trainierte. „Ich bin als Betreuer mit ins Jugendlager gefahren, und da habe ich dann so richtig Feuer gefangen“, erzählt er.
Gut 90 Mitglieder zählt der Ruderclub Roßleben zurzeit. „Tendenz leider sinkend“, sagt Rabenhold. Dem wollen die Mitglieder entgegenwirken. Der Vereinschef denkt darüber nach, unter dem Dach des Vereins auch Gesundheitssport anzubieten. Wer fit werden will, ist in einem Ruderboot gut aufgehoben, weiß er: „Wenn man sich die Kalorien-Verbrauchstabelle ansieht, dann ist Rudern gleich nach Schwimmen der zweitintensivste Sport.“ Auch leistungsmäßig wollen die Roßlebener Ruderer in diesem Jahr ein Wörtchen mitreden. Die Jugendgruppe soll im Training so weit gebracht werden, dass sie an zwei Regatten teilnimmt, kündigte Rabenhold an.
Doch auch die Gemeinschaft kommt im Ruderclub nicht zu kurz. Das war auch am Sonnabend zu spüren, als im Bootshaus die Kaffeetafel aufgebaut und davor der Grill angezündet wurde. Ohne Zusammenhalt geht es nicht. Denn Rudersport – das ist nicht nur Training, das sind auch Werkstattstunden.
Rund 60 Boote nennt der Club sein Eigen, die ältesten sind über 50 Jahre alt und wurden in all der Zeit liebevoll gehegt und gepflegt. Dem schlanken Holzleib der „Jena“ jedenfalls sieht man ihre Jahre nicht an. Dafür heißt es über die Wintermonate im¬mer wieder schmirgeln, schleifen und lackieren.
Ruder-Urgestein Karl Träger muss unterdessen in dieser Saison deutlich kürzertreten. Nach einem Sturz mit dem Fahrrad ist sein linker Arm ruhig gestellt. Sehnenabriss – eine böse Sache. Fraglich, ob er je wieder an die Ruder gehen kann. Allerdings: Wer weiß, ob die Ärzte in ihre Prognose den Träger-Faktor mit einbezogen haben. Beim Anrudern jedenfalls machte sich Roßlebens Ruder-Nestor auch mit einem Arm nützlich.
VON GRIT POMMER (Thüringer Allgemeine vom 18. April 2016)

« 1 von 2 »